Freitag, 22. August 2008

Charakterisierung Innstetten

Dieser Artikel bietet eine kurze Charakterisierung zur Person Baron Geert von Innstetten aus Effi Briest von Theodor Fontane.


Allgemeine Charakterisierung / Fakten



Innstettens Charakter wird von Effi schnell und einfach zusammengefasst: "Ein Mann von Charakter, von Stellung und guten Sitten". Innstetten hat als Landrat in Hinterpommern eine hohe soziale Stellung inne. Zudem kommt er aus einer Adelsfamilie mit langer Tradition. Er ist angesehen, nicht nur beim allgemeinen Adel, sondern bis hinauf in die höchste Kreise. Selbst Bismarck weiß seine Fähigkeiten zu schätzen und lädt ihn auch im Verlaufe des Buches zum Essen ein. Später steigt er sogar bis zum Ministerialrat auf, einer der höchsten Posten im Land.

Diese Karriere kommt natürlich nicht von ungefähr. Nachdem die Liebe zu Effis Mutter gescheitert ist - er wurde einzig aufgrund seiner damals niedrigen sozialen Stellung von ihr zurückgewiesen - beginnt er ein Jurastudium. Ob sich sein Charakter nach der Zurückweisung ändert - z.B. um nicht mehr verletzt zu werden - kann man nicht definitiv sagen. Es ist aber wahrscheinlich. Gesichert sagen lässt sich aber, dass Innstetten gerade was Zärtlichkeiten und ähnliches angeht äußerst zurückhaltend ist. Gegenüber Effi zeigt er nur sehr selten derartig emotionales Verhalten. Ab und an äußert er Komplimente, aber auch diese wirken eher ungeschickt. Nichtsdestotrotz kann man annehmen, dass er Effi tatsächlich liebt.
Jedoch hat er Effi nicht nur aufgrund von Liebe ausgewählt, sondern auch, um eine interessante, sympathische und gleichzeitig kontrollierbare Frau an seiner Seite zu haben. Dies hilft ihm bei der weiteren Förderung seiner Karriere, welcher er alles unterordnet. Es wirkt so, als wäre diese bereits langfristig geplant. Auch der ganze tägliche Zeitplan ist penibel ausgearbeitet und auf diese abgestimmt. Einem Chaoten würde das freilich nicht gelingen. Innstetten ist äußerst diszipliniert und rational denkend. Genauso ist er fleißig und tugendhaft. Auch mit anderen Menschen - gerade aus Adel und Politik - kann er gut umgehen. Er ist sympathisch, achtet aufmerksam auf Feinheiten aller Art und ist stets nachsichtig und geduldig mit anderen. Er bleibt immer im Limit, nie schlägt er in irgendeiner Weise über die Strenge, nie verletzt er ein Gesetz. Innstetten wird von seinem Verstand geleitet, nicht von seinem Herzen. Eigene Interessen scheint er kaum welche zu haben. Nur seine ausgeprägte Liebe für Kunst ist bekannt, und in diesem Bereich kann er gebetsmühlenartig Erläuterungen zu allen Bildern und Kunstrichtungen herunterspulen.


Gespräch mit Wüllersdorf, Duell und danach



Seine Fixierung auf die Karriere, auf soziale Strukturen und Traditionen kann man gut im Gespräch mit Wüllersdorf erkennen. Dieses findet kurz nachdem er die alten Liebesbriefe von Major Crampas an Effi gefunden hat statt. Im Gespräch macht er deutlich, dass er sich zwar durchaus gekränkt fühlt, aber dennoch im Grund keinen Hass verspüre und auch keine Rachegelüste habe. Auch sperrt er sich nicht grundsätzlich dagegen, dass die Affäre schon längst verjährt ist. Dennoch will er das Duell zwischen ihm und dem Major. Diese Entscheidung begründet er damit, dass es gesellschaftlich so vorgeschrieben sei. Er spricht sich sozusagen selbst seiner individuellen Rechte ab und macht sich zum Spielball der Gesellschaft, nur wegen eines abstrakten Wertes wie der "Ehre". Oder wie Wüllersdorf so schön sagt: Es sei der "Götzendienst" am "Ehrenkultus".

Innstettens Entscheidung ist umso tragischer, da er die gefundenen Briefe auch einfach hätte verbrennen können. Außer ihm, Effi und dem Major wusste niemand was dadrin stand - und die beiden letztgenannten hätten sich wohl kaum darüber beschwert. Doch folgt er blind der Tradition und führt das Duell trotz aller Zweifel durch.

Erst Jahre später beginnt er wirklich, diese Entscheidung zu bereuen und sich zu Wünschen, er hätte auf seinen eigenen Willen gehört. Er bezeichnet sein Leben als verpfuscht und kann auch seiner weiteren Karriere nicht mehr viel abgewinnen. Er sehnt sich nach Effi und den glücklichen Tagen mit ihr, doch sind diese für immer verloren.


Spuk / der Chinese



Immer wieder berichtet Effi von ihren Einbildungen (Schritte, Geister...). Innstetten allerdings kann dem Übernatürlichen nichts abgewinnen und glaubt nicht daran. Dennoch äußert er sich nicht so ablehnend gegenüber Effis Einbildungen und versucht kaum, ihr diese auszureden. Stattdessen gibt er widersprüchliche Angaben über seine Meinung. Immer lässt er in seinen Formulierungen "Hintertürchen" offen, die andeuten, dass in irgendeiner Weise alles was Effi glaubt wahr sein könnte und nicht unbedingt nur Einbildung sein muss. Auch erzählt er vom Chinesen, wann immer sich die Gelegenheit dazu bietet. Dadurch heizt er Effis Angstgefühle zusätzlich an.
Major Crampas meint, dass diese Erklärungen von Innstetten bewusst verwendet würden, um Effi zu erziehen und sie unter Kontrolle zu behalten. Solange sie an etwas Übernatürliches glaubt, werde sie wohl kaum irgendetwas unmoralisches tun während Innstetten weg ist (und Innstetten ist oft weg). Die Erzeugung der Angst sei also kalkuliert. Außerdem, so sagt der Major, machten die Spukgeschichten das Haus für andere interessanter und das helfe im Wahlkampf (er nehme sozusagen die Angst Effis in Kauf, um seine Karriere weiter zu fördern).
Diese Vermutungen könnten durchaus korrekt sein und würden zu Innstettens rationalem Charakter passen. Möglich ist aber auch, dass er Effis Angst anstachelt, weil er unfähig ist zu erkennen, wie sehr sie darunter leidet. Nach dieser Theorie würde er dann unter mangelnder Empathie leiden.


Weitere Fakten zu Innstetten



Noch kurz erwähnt seien die äußeren Merkmale: Innstetten ist (beim ersten Treffen mit Effi) knapp 38 Jahre alt und damit etwa 20 Jahre älter als Effi. Er könnte also genauso gut ihr Vater sein. Weiterhin ist er brünett, hat eine gute Figur, ist schlank und wirkt männlich.


Passende Links



So noch drei Links hier, mehr gibt's leider nicht Netz zu Innstetten, oder jedenfalls hab ich nicht mehr gefunden. Aber drei Links sollten's ja auch tun ;-)

Ein Arbeitsblatt mit passenden Fragen dazu, wie sich Effi und Innstetten auf den ersten Seiten präsentieren und charakterisiert werden könnten gibt's hier. Nicht so großartig, aber die Vorausdeutungen am Ende zum Scheitern der Beziehung sind ganz nett. Kann man also mal reinschauen.

Viele Fakten zu Innstetten, schön in Stichpunkten geordnet und mit passenden Textstellen gibt es auf dieser Seite. Auf jeden Fall ein Blick Wert. Die Dateien sind unterm Text über die Links erreichbar.

Hier noch eine weitere Charakterisierung als Referat.

1 Kommentar:

Rolf Schmidt hat gesagt…

Eine literarische Vertiefung des Innstetten-Charakters findet sich in dem kleinen Roman "Innstetten, Geschichte eines Mittelmäßigen" von Rolf Schmidt, ISBN 978 3 741 225338.